Eine Marionette entsteht

Der Marionettenbau ist ein kunstvolles Handwerk, bei dem jede Puppe individuell für die jeweilige Produktion gefertigt wird. Selbst für Figuren, die nur ein anderes Kostüm tragen sollen, wird entweder eine eigene Marionette gebaut oder die Figur mehrfach kopiert. Ein einfacher Kleiderwechsel ist bei Marionetten nahezu unmöglich – lediglich Umhänge können problemlos getauscht werden.

Vom Entwurf zum Bauplan

Der Bau beginnt mit den Vorstellungen und Entwürfen von Regisseur, Kostümbildner und Bühnenbildner. Aus diesen entsteht ein detaillierter Bauplan im Maßstab 1:1. Das Größenverhältnis von Kopf zu Körper beträgt dabei typischerweise 1:8, ähnlich den menschlichen Proportionen. Stil und Funktion der Puppe sowie die persönliche Handschrift des Figurenbauers können jedoch Einfluss auf diese Maße nehmen. Der Plan beinhaltet genaue Ansichten der Figur von der Seite und frontal, um später beim Schnitzen und Schleifen präzise Vorgaben zu haben.

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Tonmodelle – Tamino & Pamina hergestellt von Theatermarionetten – Antonia Petz

Vom Kopf bis zu den Händen

Nach der Fertigstellung des Bauplans beginnt die Arbeit des Bildhauers. Die Köpfe werden in der Regel aus weichem Linden- oder Zirbenholz geschnitzt, um die Gesichtszüge und Charakteristiken detailgetreu umzusetzen. Bei größeren Figuren wird der Kopf zur Gewichtsreduktion innen ausgehöhlt. Auch andere sichtbare Körperteile wie Hände und Füße werden geschnitzt oder gegossen, wobei robuste Hölzer bevorzugt werden.

Während der Kopf entsteht, beginnt der Bau des Körpers. Die Basis wird aus Holzplatten zugeschnitten und anschließend mit Schaumstoff oder Styrodur geformt, um die richtige Anatomie zu erreichen.

Gelenke und Beweglichkeit

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Gelenken, die der Marionette ihre Beweglichkeit verleihen. Der korrekte Schwerpunkt der Figur ist hier besonders wichtig. Traditionelle Techniken werden genutzt, um die Bewegungsfreiheit zu maximieren und gleichzeitig Stabilität zu gewährleisten. Auch die Beine und Füße werden beweglich gestaltet, wobei filigrane Handarbeit erforderlich ist, um eine realistische Bewegung zu ermöglichen.

Das Kostüm

Nach dem Bau der nackten Marionette geht es an die Gestaltung des Kostüms. Wie bei einem echten Kleidungsstück werden Schnittmuster erstellt und sehr feine Stoffe wie zum Besipiel Seide, Viskose oder Chiffon verarbeitet. Die Puppen erhalten maßgeschneiderte Kleidung, die teilweise künstlich gealtert wird, um auf der Bühne besonders realistisch zu wirken. Erst nach Abschluss der Kostümarbeiten werden Kopf und andere sichtbare Teile bemalt, um die Farben dem Kostüm anzupassen.

Die ersten Schritte einer neuen Figur

Wenn die Marionette fertiggestellt ist, wird sie aufgeschnürt, das heißt, mit den Fäden versehen, die zum Spielkreuz führen. Die ersten Schritte sind immer aufregend, da erst an der fertigen Puppe ersichtlich wird, wie gut die Konstruktion funktioniert. Kleine Anpassungen sind oft notwendig, um die Beweglichkeit und den Ausdruck der Figur zu perfektionieren.

Und fertig!

Der Marionettenbau ist somit weit mehr als nur handwerkliche Arbeit – es ist eine Kunstform, die sowohl Präzision als auch kreatives Feingefühl erfordert. Jeder Schritt bringt die Puppe ein Stück näher zum Leben und macht sie bereit für ihren Auftritt auf der Bühne!